Das Stipendium der Pall Mall Foundation ermöglichte mir, erstmals an einer Jahrestagung der Linguistic Society of America (LSA) teilzunehmen, eine der größten sprachwissenschaftlichen Vereinigungen der Welt. Die Tagungen finden jeden Winter statt und 2016 wurde als Ort die Hauptstadt der USA ausgewählt. Neben den regulären Sessions fanden auch Veranstaltungen zu speziellen Themen statt, die von Untergruppierungen der LSA veranstaltet wurden. Ein Schwerpunkt lag dieses Jahr auf „endangered languages“, also Sprachen, die vom Aussterben bedroht sind, aber auch auf forensischer Linguistik, grob gesagt dem Zusammenhang von Sprache und Recht.
Ich konnte meine volle Konzentration auf die Vorträge und Poster dort richten und war durchweg von der hohen Qualität der Beiträge beeindruckt und begeistert. Ich habe mich nicht nur fachlich weitergebildet, sondern auch in puncto Präsentationstechniken einiges gelernt. Fast ein bisschen ehrfürchtig hörte ich Präsentationen von Linguisten wie Bernard Comrie oder Raffaella Zanuttini. Gleichzeitig kam ich bei den Posterpräsentationen auch mit den Wissenschaftlern in direkten Austausch und konnte Fragen stellen oder auch einfach nur ein informelles Gespräche führen. Mich hat das sehr ermutigt, weiterhin im akademischen Rahmen arbeiten zu wollen.
Ein besonderes Highlight war für mich das Symposium „Scientific practice and progress in forensic linguistics“. Bereits im Studium war ich mit forensischer Linguistik in Kontakt gekommen, aber in Deutschland ist dieses Feld bei weitem nicht so verbreitet wie in den USA. Da ich in engem Kontakt mit einem Professor der Bucerius-Law-School in Hamburg stehe und an einem gemeinsamen Artikel im Bereich Sprache und Recht arbeite, war dieser Input für mich besonders lehrreich. Thematisch daran anknüpfend war auch die Presidential Address, die Rede des Präsidenten der LSA, John Rickford, der einen einstündigen Vortrag über „Language and Linguistics on trial“ hielt, in dem er exemplarisch den Fall von Trayvon Martin und George Zimmermann 2012 aufgriff. Er argumentierte überzeugend, dass die Sprache der Hauptzeugin der Anklage, eine Afroamerikanerin, die das AAVE, das African American Vernacular English spricht, hauptsächlich zum Freispruch Zimmermanns geführt hat, weil die Geschworenen sie nicht verstanden. Die Implikation dieses Funds sind weitreichend: was ist der Status in der amerikanischen Gesellschaft von AAVE? Soll es Dolmetscher vor Gericht für einen Dialekt geben? Wie kann man Missverständnisse verhindern?
Die Tagung bot vor allem auch die Möglichkeit zum Austausch und ich traf auch Doktoranden amerikanischer Universitäten, mit denen ich mich über meine Dissertation sprach. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich an dieser Konferenz teilnehmen konnte und fühle mich in meinem Wunsch, in der Wissenschaft arbeiten zu wollen, bestärkt. Ich konnte viele fruchtbare Gespräche führen, nicht nur mit Wissenschaftlern, sondern auch mit den anwesenden Verlagsvertretern, so dass ich mich auch darüber informieren konnte, wo ich letztendlich versuchen möchte, meine Dissertation zu veröffentlichen. Ich danke der Pall Mall Foundation dafür, mir diesen bereichernden Aufenthalt ermöglicht zu haben.